Ein Teelicht für den Frieden als Politikum DDR-Zeitzeuge Mike Zergiebel im Abitur-Grundkurs Geschichte

Mike Zergiebel
Mike Zergiebel

Wie war das Leben für einen Jugendlichen in den 1980er-Jahren in der DDR, wenn er sich nicht den umfassenden Vorgaben des Staates anpassen wollte? Was hatte jemand zu erwarten, wenn er keinen Dienst an der Waffe leisten wollte? Oder wenn er gemeinsam mit anderen Jugendlichen in der „Jungen Gemeinde“ in Gera öffentlich für Frieden demonstrierte?

Mike Zergiebel, heute Lehrer an der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden, gab in unserem Abitur-Grundkurs Geschichte als Zeitzeuge einen sehr persönlichen Einblick in seine Erfahrungen mit dem politischen System der DDR. Er war dabei auch bereit, den Schülern*innen sehr vertrauliche zeithistorische Quellen zu seinem Lebenslauf zu zeigen, so z. B. einen Stasi-Bericht über ihn, welchen er im Jahr 2001 beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BStU) angefordert hatte.

Zustande gekommen war der Kontakt durch die Kurslehrerin Stephanie Matthees-Hadeler. Sie hatte Mike Zergiebel 2005 als Geschichts-Referendar an der Theodor-Fliedner-Schule betreut und war schon damals von seinem außergewöhnlichen Lebenslauf beeindruckt gewesen. Ihm war – kurz vor der Wende – im Sommer 1989 die Flucht mit einem Motorrad über Ungarn in die Bundesrepublik geglückt.

Wie die folgenden Statements von Schülern*innen zeigen, hat der Bericht von Mike Zergiebel in ihrem politisch-historischen Bewusstsein Spuren hinterlassen:

„Besonders interessant fand ich die Details seiner „Flucht“, da dies aus einer Perspektive erzählt wurde, die man so aus dem Geschichtsunterricht nicht kannte – z. B., dass er an der Grenze nach Ausweispapieren oder Zeugnissen durchsucht wurde, aber auch den herzlichen Empfang, den er in der Bundesrepublik erlebt hat.“

„Durch die Schilderungen des Zeitzeugen habe ich zusätzlich aus einer ganz persönlichen Sicht einen Einblick in das Leben in einem Überwachungsstaat bekommen. Es ist nochmal etwas anderes, diese Dinge von jemanden erzählt zu bekommen, der es tatsächlich erlebt hat.

Ich kann es nur jedem empfehlen, da gerade wir nachgeborenen Generationen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen müssen. Und um dies besser zu verstehen, genügen nicht nur Fakten, sondern es ist wichtig, auch eine gewisse emotionale Verbindung zu knüpfen.“

 

„Es war sehr beeindruckend für mich, an seinem Beispiel zu sehen, dass genau das, was wir seit mehreren Wochen im Unterricht bearbeitet haben, auch auf die heutige Zeit solch große Auswirkungen hat.“

„Cool fand ich, dass er seine eigenen Dokumente mitgebracht hat – z. B. seinen Stasi Bericht oder auch seine Verweigerung für das Militär. So konnte man sehen, wie die Stasi Informationen über dich gesammelt hat, selbst darüber, dass der Zeitzeuge zu einer christlichen Gemeinde gehörte!“

„Der Staat hat versucht die totale Kontrolle über dein Leben zu gewinnen. So wurde der Zeitzeuge zusammen mit anderen Mitgliedern der Jungen Gemeinde daran gehindert, mit Teelichtern das Wort Frieden auf dem Markplatz in seiner Heimatstadt zu schreiben.“

An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank – auch von Seiten der Schulleitung – für den Einsatz von Mike Zergiebel für unsere Schüler*innen. Es war eine eindrucksvolle Begegnung.