„Sie wussten besser über meine eigene Familie Bescheid als ich selbst!“

DDR-Zeitzeugengespräch im Leistungskurs Geschichte
Die Schüler/innen des Leistungskurses Geschichte hatten am 9. März die Gelegenheit, in Form eines Zeitzeugengespräches einen Blick in das DDR-Alltagsleben eines Jugendlichen in den 1980er-Jahren zu bekommen. Mike Zergiebel, heute stellvertretender Schulleiter der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden, berichtete anschaulich und sehr offen von seinen Erfahrungen mit dem SED-Staat.
Diese waren immer wieder auch von konfrontativen Situationen geprägt, da Herr Zergiebel als Mitglied der „Jungen Gemeinde“ in Gera mehr und mehr begann, den bestehenden Staat zu hinterfragen. Dies führte ihn auch zu Begegnungen mit der Stasi: So wurde er anlässlich eines Staatsbesuches von Erich Honecker in Gera von Stasi-Mitarbeitern darum gebeten, die Stadt in der Zeit zu verlassen und bei Verwandten unterzukommen. Dabei stellte sich heraus, dass die Stasi besser über seine Verwandtschaft Bescheid wusste als er selber.
Gut zehn Jahre nach dem Mauerfall stellte Herr Zergiebel Antrag auf Akteneinsicht beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen: Es zeugt von der vertrauensvollen Gesprächsatmosphäre, dass die Schüler/innen zwei Auszüge daraus in die Hand nehmen und lesen durften.
Interessiert waren die Schüler/innen aber auch an seinen Erfahrungen im Westen, nachdem Herrn Zergiebel im September 1989 die Flucht mit seinem Motorrad über Ungarn gelungen war.
In der Reflexionsstunde am folgenden Tag, in der es um die Chancen und Risiken der Methode des Zeitzeugengespräches ging, zeigte sich, welcher Gewinn diese Veranstaltung für den Kurs war:
„Ich fand die Doppelstunde sehr interessant und informativ. Auch die Weise, wie Herr Zergiebel über seine Vergangenheit erzählt hat, war spannend. Eine wirklich tolle Unterrichtsstunde!“ (Sophie)
„Die im Unterricht behandelten Themen sind durch das Zeitzeugengespräch „nahbarer“ geworden. So konnte ich besser nachvollziehen, wie ein Leben in der DDR vielleicht war, auch wenn es sich nur an einem Einzelschicksal als Fallbeispiel widerspiegelt.“ (Lea)
„Mir hat die Veranstaltung sehr gut gefallen. Natürlich wussten wir schon über einiges von dem, was Herr Zergiebel berichtet hat, aber es ist definitiv etwas ganz anderes, eine Lebensgeschichte erzählt zu bekommen, statt es durch Texte zu erarbeiten. Falls sich die Möglichkeit dafür auch für andere Kurse ergibt, kann ich das nur weiterempfehlen.“ (Elena)
„Durch das Gespräch konnte ich einen näheren Einblick in die Alltagswelt der DDR gewinnen – insbesondere in die Wünsche und Träume von Jugendlichen.“ (Niklas)
„Da der Bericht sehr persönlich und z. T. auch emotional war, hinterlassen die von Herrn Zergiebel geschilderten Situationen einen bleibenden Eindruck bei mir.“ (Emilie)
Der Kurs unter der Leitung von Frau Matthees-Hadeler möchte sich auch an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für das Engagement von Herrn Zergiebel bedanken:
Es war ein wirklich besonderer und denkwürdiger Abschluss für uns alle kurz vor Beginn des schriftlichen Abiturs im Mai.